Kategorie: Debatte

Von der KPÖ lernen? 

Erst einmal: Herzlichen Glückwunsch nach Salzburg! Nach den Mut machenden Ergebnissen der KPÖ-Genoss:innen bei den Salzburger Gemeindewahlen beginnt zurecht auch hier die Debatte darüber, was man aus ihrem Erfolg nun für Schlüsse ziehen kann. Sicher ist, dass Salzburg nicht als 1 zu 1 Blaupause für unsere Partei dienen kann, allein schon deswegen nicht, weil wir hier um die Ausrichtung einer Bundespartei ringen. Und doch lässt sich vieles lernen. Nicht zuletzt, dass wir nur eine Chance bekommen werden, wenn wir als Linke nach außen weitgehend einheitlich kommunizieren und aufhören, unsere Positionen in der Öffentlichkeit streitend auszuhandeln versuchen. Nach innen muss hingegen um die Ausrichtung der Partei gerungen werden. Hier unsere Vorschläge:

  1. Diäten für die Mandatsträger:innen stärker begrenzen

Bei der KPÖ geben die Mandatsträger:innen alles oberhalb von einem sogenannten Facharbeiter-Durchschnittsgehalt in einen Sozialfonds. Ihnen bleiben dann 2300 Euro netto im Monat übrig. Das hat gleich zwei Effekte: Nach Innen etablieren sie eine Parteikultur, in der es um die Sache und nicht um Posten geht. Nach außen zeigen sie deutlich, dass ihre Politik nicht die Politik des Establishments ist. Sondern wortwörtlich im Dienste der Gesellschaft steht. Welche Höhe wir in unserer Partei auch immer festlegen mögen: Statt der vielen unterschiedlichen Regelungen in Bund und Ländern bzw. auf EP-Ebene wollen auch wir eine einheitliche Lösung für alle (außer kommunale Mandatsträger:innen) und deutlich höhere Abgaben als bei einem Großteil der Mandatsträger:innen aktuell anfallen. Wir wissen, dass viele auch über die geregelten Abgaben hinaus spenden. Das wird auch immer so bleiben. Bei einem Großteil der Diäten sollte es aber nicht die individuelle Entscheidung der Abgeordneten sein, ob und wohin gespendet wird, sondern eine kollektive Entscheidung der Partei und im Idealfall unterstützt es Menschen in finanziellen Notlagen und/oder beim Aufbau von Gegenwehr.

  1. Sozialfonds auflegen

Durch die Begrenzung der Diäten kann ein Sozialfonds aufgelegt werden, aus dem Menschen in finanzieller Not unbürokratisch Hilfe bekommen können. Ein solcher Sozialfonds kann ein quantitativer und qualitativer Riesenschritt nach vorn sein gegenüber den vielen kleinen Fraktionsvereinen bei uns. Für die KPÖ ist er identitätsstiftend – zentraler Bestandteil ihrer Öffentlichkeitsarbeit. So könnte es bei uns dann klingen: Die Linke, das ist die Partei, deren Leute es als Privileg empfinden, hauptamtlich Politik zu machen und Menschen helfen zu können, die dabei einen Großteil der Diäten konkret umverteilen an Menschen, die Unterstützung brauchen. Das müssen die Wähler:innen spätestens im Sommer 2025 verstanden haben. Vor Ort bietet der Sozialfonds die Chance, Menschen, die uns in den Linke-hilft-Strukturen begegnen, zu unterstützen.

  1. Nebeneinkünfte abgeben

Die Linke ist die einzige Partei, die keine Spenden von Unternehmen annimmt. Viel zu wenige wissen das. Wir sollten das bekannter machen und noch einen Schritt weiter gehen: (Vollzeit-)Abgeordnete, die neben ihrem Einsatz als gewählte Vertreter:innen noch anderen Aufgaben nachgehen und dabei Nebeneinkünfte haben, sollten diese in den Sozialfonds geben. (Begründete Ausnahmen bestätigen die Regel. „Ich muss mein Haus abzahlen“ gehört aber nicht dazu.)

  1. Sozialberatungen anbieten

In einigen Linke-Büros werden seit Jahren (in vielen Fällen muss es leider heißen: wurden vor Jahren) Sozialberatungen angeboten. Etwa zu Mietrecht, Asylrecht oder eben auch zu Bürgergeld. Viele trauen sich diese Beratungen nicht zu, weil sie rechtlich nicht fit genug sind. Jedoch gibt es im Umfeld die Möglichkeit zu Schulungen und oft ist den Menschen schon geholfen, wenn ihnen jemand hilft, Formulare zu verstehen oder weiß, wo noch bessere Hilfe vermittelt werden kann. Ziel muss sein, diese Angebote flächendeckend auszubauen. Die Gründung der BAG Linke hilft ist dabei hoffentlich ein guter Zwischenschritt. Im Parteivorstand haben wir zudem beantragt, für die Unterstützung von Linke-hilft-Strukturen Stellenanteile zu schaffen. Was die KPÖ uns hier noch lehrt: Auch die Mandatsträger:innen persönlich bieten Sozialberatungen an. Dadurch wächst ihre Authentizität enorm. Politiker:innen sitzen nicht nur in Parlamenten oder schwingen Reden auf Demos, sie packen konkret mit an, sind interessiert an jedem einzelnen Schicksal. Und die, die Beratung suchen, fühlen sich doppelt gewertschätzt.

  1. In die Viertel, zu den Menschen hin!

Das alles wird nur helfen, wenn Die Linke nicht nur in wenigen Leuchtturm-Kreisverbänden, sondern in einer Größenordnung eine Praxis umsetzt, bei der unsere Genoss:innen in die Stadtteile gehen, wo Menschen wohnen, die im Durchschnitt stärker von Armut und schlechten Lebensbedingungen betroffen sind. Dort müssen wir unsere Büros ansiedeln, Infostände machen, Sozialberatungen bekannt machen und durchführen, im besten Fall an die Haustüren gehen. „Mit dem Gesicht zu den Menschen“ darf nicht mit großen Social-Media-Reichweiten verwechselt werden (auch wenn dagegen ebenfalls nichts einzuwenden ist).  

  1. Parteistrukturen schaffen, die für Arbeiter:innen attraktiv sind 

Wir haben tausende Neumitglieder in den letzten Monaten begrüßen dürfen. Das ist toll und eine Herausforderung, weil viel zu viele noch nicht den Andockpunkt gefunden haben. Und nach wie vor rekrutieren wir häufig unseresgleichen, junge Leute gewinnen junge Leute. Wir werden als Partei nur stärker, wenn wir Menschen aller Altersklassen und insbesondere auch lohnabhängig Beschäftigte besser einbinden können. Menschen, die viel arbeiten und dann womöglich auch noch eine Familie mit Kindern oder pflegebedürftigen Eltern haben, können sich nur sehr begrenzt einbringen. Unsere Parteistrukturen sind selten darauf ausgelegt. Wir brauchen ein stärkeres Bewusstsein dafür und zeitlich überschaubare Treffen bzw. niedrigschwellige Angebote für alle, die ihren Beitrag zum Aufbau einer stärkeren Linken leisten wollen.

  1. Keine politischen Blumensträuße, aber auch keine falsche Verkürzung

Lernen bedeutet auch zu differenzieren. Denn während es den Salzburger Genoss:innen möglich war, sich politisch zentral auf die Mietenproblematik zu konzentrieren, werden wir das als Bundespartei jenseits gut entwickelter Kampagnen nicht machen können. Um auf bundespolitischer Ebene ein Akteur sein zu können, müssen wir uns auch zu anderen aktuell verhandelten Fragen verhalten. Natürlich ist es richtig, an unserem Markenkern festzuhalten: d.h. die soziale Ungleichheit – oder einfacher gesagt – Klassenpolitik – ins Zentrum zu stellen. Die Triggerpunkte-Studie hat aber erst wieder gezeigt: Die Mehrheit der Menschen aller Einkommensgruppen macht sich Sorgen um den Planeten, manche von ihnen entwickeln sogar Klimaangst. Wer glaubt, die Linke können in diesen Fragen schweigen, übersieht die Sorgen und Ängste der Klasse. Was wir schaffen müssen ist, unsere Klimapolitik anders zu kommunizieren, nämlich als Ausdruck einen Ungleichheitskonflikt. Denn gestritten wird nicht darüber, ob der Klimawandel eine Bedrohung darstellt, sondern darum, wie und bei wem die Transformation ansetzen sollte und vor allem in welcher Geschwindigkeit. 

Abschließend: Wenn wir so stark und dominant in der Partei wären, wie manche gerne behaupten, würden wir das alles längst so machen. Spoiler: Sind wir aber gar nicht. Wer das ändern möchte, kann gerne bei uns mitmachen: www.bewegungslinke.org/mitmachen

Online-Veranstaltung: „Wie stoppen wir AfD und Rechtsruck? Was folgt aus den großen Demos?“

„Ganz *füge Stadtnamen ein* hasst die AfD!“ – so oder so ähnlich klang es am vergangenen Wochenende durch viele Straßen großer und kleiner Städte in ganz Deutschland. Aber so ermutigend und verbindend unser gemeinsamer Protest gegen den Rechtsruck ist: die AfD wird eben nicht von allen gehasst, sondern bietet vielen Menschen einfache Antworten, die sich von keiner anderen Partei mehr vertreten fühlen. Die AfD ist auch nicht an allem Schuld: Die Ampelregierung verstärkt mit ihrer Kürzungspolitik die Existenzängste vieler und sichert die Vermögen weniger, die verschärfte Migrationspolitik und das Entrechten Schutzsuchender gepaart mit dem Aufgreifen rechter Narrative graben der AfD nicht das Wasser ab, sondern vergrößern den Sumpf, aus dem sie schöpft.

Wie begegnen wir der realen Gefahr für unsere Demokratie in diesem so entscheidenden Wahljahr? Wie übertragen wir den spontanen und heftigen Protest im ganzen Land in aktiven und nachhaltig wirkungsvollen linken Widerstand? Wie stehen wir zu Forderungen nach einem AfD-Verbotsverfahren?

Am 28. Januar 2024 wollen wir mit Clara Bünger, Mitglied des Bundestags, Juristin und Expertin für Flucht- und Rechtspolitik und Tareq Alaows (angefragt), flüchtlingspolitischer Sprecher Pro Asyl und Bündnis „Hand in Hand“ diskutieren. Moderieren wird Jary Koch, Mitglied des Ko-Kreises der Bewegungslinken.

Einwahllink: https://us06web.zoom.us/j/81580269288 | Meeting-ID: 815 8026 9288

Schnelleinwahl mobil: +496938079883,,81580269288# Deutschland

Zoomveranstaltung „Die Linke hilft – aber wem und wie?“

Die Diskussion rund um das Image als „Kümmererpartei“ und konkrete Hilfen wie Sozialberatung und Solidaritätsfonds hat in letzter Zeit wieder Fahrt aufgenommen, z.B. durch Erfolge der kommunistischen Partei Österreichs, die stark auf konkrete Hilfen setzen, oder einen von uns initiierten und breit getragenen Antrag auf dem letzten Bundesparteitag in Augsburg, der die Einrichtung eines Solifonds einforderte. 

Wir wollen die konkrete Solidaritätsarbeit innerhalb der Partei stärken. Doch das ist schwieriger als es klingt und es drängen sich viele Fragen auf: 

– Wie schaffe ich ein Angebot, das die Betroffenen erreicht? 

– Was muss ich tun, damit konkrete Solidaritätsarbeit nicht „von oben herab“, sondern auf Augenhöhe stattfindet? 

– Welche Angebote gibt es bereits und woran kann ich mich orientieren? 

Am 24. Januar 2024 um 19 Uhr möchten wir mit Inge Hannemann, Prof. Dr. Gerhard Trabert und euch Möglichkeiten konkreter Solidaritätsarbeit diskutieren. Tupac Orellana aus dem Parteivorstand wird die Veranstaltung moderieren. Wir beginnen um 19 Uhr. 

Einwahl-Link: https://us06web.zoom.us/j/85794742944?pwd=F6sENHs355zkLXw57Dbxg1yPP5lyuE.1

Meeting-ID: 857 9474 2944 | Kenncode: 525891 

Schnelleinwahl mobil | +496938079883,,85794742944#,,,,*525891# Deutschland

Bericht der Mitgliederversammlung

Am 16. Dezember 2023 haben wir mit vielen Genoss:innen und einigen Gästen der Bewegungslinken in Hannover diskutiert, Pläne geschmiedet und auch ein bisschen gefeiert! Danke an alle die da waren und zu dieser schönen Mitgliederversammlung beigetragen haben. Nach Jahren der Auseinandersetzungen und der zuletzt erfolgten Abspaltung, ging es auch darum, Bilanz zu ziehen: Was haben wir erreicht? Was haben wir noch vor? – und vor allem: Welche Aufgaben sehen wir für uns in der neuen Anordnung in der Partei, unter veränderten Kräfteverhältnissen und angesichts Tausender neuer Mitglieder, die bereits gekommen sind und hoffentlich noch weiter zu uns stoßen werden?

Wir haben die politischen Schwerpunkte für das Jahr 2024 beschlossen, einen Antrag zur Profilschärfung der Bewegungslinken solidarisch diskutiert und abgestimmt, sowie uns einen Plan zur Stärkung von „Die Linke hilft“ gemacht.

In den neuen Ko-Kreis wurden Katharina Dahme (Niedersachsen), Kathi Gebel (Saarland), Katharina Grudin (NRW), Jary Koch (Berlin), Rhonda Koch (Berlin), Raik Ohlmeyer (Sachsen-Anhalt), Elisa Otzelberger (Niedersachsen), Felix Pithan (Bremen), Ben Stotz (Berlin) und Daniel Weidmann (Berlin) gewählt. Bundesparteitagsdelegierte sind Katharina Dahme und Rhonda Koch (Ersatz: Kathrin Gebel, Elisa Otzelberger und Christina Zacharias ) und Christian Arnd (Ersatz: Daniel Weidmann, Karl-Heinz Paskuda, Darius Mikutat, Raul Zelik und Tobias Umbreit).

Völlig klar: Es bleiben harte Bretter zu bohren für uns als Linke, auch im Jahr 2024. Dafür gilt es, in den kommenden Wochen ein bisschen die Batterien aufzuladen, um gestärkt im neuen Jahr an der Erneuerung und im Aufbau der Partei weiterhin unseren Beitrag zu leisten.

Beschlüsse:

Partei ergreifen für den Frieden, nicht den Krieg

Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus in Deutschland entgegentreten

Die schrecklichen Nachrichten und Bilder aus Israel und Gaza sowie die akute Gefahr einer weiteren Eskalation der Gewalt sind nur schwer zu ertragen. Wir gedenken den Opfern des grausamen Terroranschlags der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung. Wir sind in Gedanken bei den Hinterbliebenen und hoffen, dass die Geiseln so schnell wie möglich freigelassen werden und nach Hause zurückkehren können. Es gibt keine Rechtfertigung für diesen Terror.

Wir gedenken auch den zivilen Opfern der israelischen Bombardements auf Gaza. Die Abriegelung des Gazastreifen von Strom, Wasser, Lebensmittel und Medikamente trifft die gesamte Bevölkerung und markiert den Beginn einer humanitären Katastrophe, die durch die Bodenoffensive noch verschärft wird. Frieden in Nahost, für die gesamte Region, scheint in weite Ferne zu rücken. 

Die Bundesregierung muss den Export von Waffen stoppen, sich für eine sofortige Waffenruhe und für die Beilegung des Konflikts durch friedliche Mittel einsetzen. Die Geiseln müssen freigelassen werden, die Blockade von Gaza beendet werden. Als Linke stellen wir die Forderung nach einer nachhaltigen Friedenslösung in den Vordergrund. Denn ohne eine Friedensperspektive für die Menschen in Israel und ohne eine Friedensperspektive für die Palästinenser:innen wird es kein Ende der Gewalt und der militärischen Auseinandersetzung geben. Sie alle haben das Recht, in Frieden und Sicherheit zu leben.

Auch in Deutschland. Hier leben viele Menschen mit israelischen und palästinensischen Familiengeschichten. Auch sie sind in Sorge und Trauer um ihre Angehörigen und bangen um das Leben ihrer Familien und Freund:innen. Gleichzeitig sind sie zunehmend Drohungen und Ressentiments ausgesetzt. Wohnungen von Jüdinnen und Juden werden markiert, es gibt Brandanschläge auf Synagogen. Wir verurteilen diese antisemitischen Angriffe und sind solidarisch mit den um Hilfe bittenden jüdischen Gemeinden. 

Wir wenden uns gegen die Instrumentalisierung des Konflikts für die Verbreitung antisemitischer und antimuslimischer Ressentiments. So wie Jüdinnen und Juden nicht für Bomben auf Gaza verantwortlich gemacht werden können, dürfen Palästinenser:innen nicht für den Terror der Hamas verantwortlich gemacht werden. Vorstöße, Migrant:innen aufgrund ihrer Position zum Nahostkonflikt abschieben zu lassen, sind schäbig und werden wir in aller Entschiedenheit zurückweisen. Wir kritisieren pauschale Demonstrationsverbote und Grundrechtseinschränkungen von Palästina-solidarischen Gruppen. 

Wir wissen um die emotional aufgeladene Diskussion in Bezug auf diesen Konflikt. Das ist verständlich, es geht um das Leben von Menschen. Gleichwohl möchten wir dafür werben, sich an der von Teilen der Politik und Medien geführten Stimmungsmache nicht zu beteiligen. Antisemitische Einstellungen sind kein importiertes Problem, sondern in der deutschen Bevölkerung ebenso verbreitet wie antimuslimischer Rassismus. In den sozialen Medien werden regelrechte Hetzjagden durchgeführt, bei denen Wortmeldungen seziert und interpretiert sowie Konsequenzen gefordert werden. Statt sich an Online-Tribunalen zu beteiligen, wollen wir für mehr Verständigung werben. Statt schnelle Beschuldigungen der einen oder anderen Seite zu verbreiten, werben wir für einen verantwortungsvollen Umgang mit Informationen zum Konfliktgeschehen. 

Die richtigen Worte zu finden, fällt uns und vielen anderen in diesen Zeiten schwer. Das Richtige tun, ist dabei klar: Wir stehen solidarisch an der Seite all jener demokratischen Kräfte, die sich für eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzen. Wir setzen uns für eine Zukunft ein, in der alle Menschen in Frieden, Würde und Sicherheit zusammenleben können – sowohl in Israel und Gaza als auch hierzulande.