Kategorie: Mitgliederversammlung

Die Zukunft ist jetzt!

Die Welt ist im Wandel. Die Krisen, die wir als Gesellschaft durchleben, überschlagen sich. Wir befinden uns am Beginn einer tiefen Rezession. Die Kipppunkte im Klimasystem werden erreicht und die Klimakatastrophe wird mit jedem Tag sichtbarer. Zeitgleich sterben täglich Menschen beim Krieg in der Ukraine, die Gefahr einer weiteren Eskalation bis hin zum nuklearen Ernstfall wächst. Neofaschistische Parteien erfahren europaweit starken Zuwachs. Steigende Kosten führen zu Massenverarmung. 

DIE LINKE muss angesichts dieser Konflikte und anstehender Verteilungskämpfe ihren Platz finden, als einzige linke Oppositionspartei jenseits der Ampel auf der einen Seite und als antifaschistisches Bollwerk gegen die autoritär-nationalistische AfD auf der anderen Seite. Sie muss konkrete Antworten liefern, wie sie die ökologische Frage und die Klassenfrage verbindet, wie ihr friedens- und außenpolitisches Projekt der Zukunft aussieht und wie sie den Kampf gegen Faschisten erfolgreich führen will. Unsere Aufgabe als Bewegungslinke innerhalb der Partei ist, daran aktiv mitzugestalten, Initiativen für eine organisierende Linke in der Partei zu stärken, die Partei als ernsthafte Partnerin gewerkschaftlicher wie sozialer Bewegungen weiter aufzubauen. Das alles zusammen mit den Kräften in der Partei, die den Willen haben, mit der LINKEN aufkommende gesellschaftliche Konflikte aufzugreifen. 

Gelingt uns das, dann hat die LINKE eine Zukunft. Die Alternative wäre ein schmerzvoller Untergang, der nachhaltige katastrophale Auswirkungen für die gesamte gesellschaftliche Linke haben würde. Doch trotz aller innerparteilichen Konflikte und gesellschaftlichen Herausforderungen haben wir Hoffnung und wollen mutiger vorangehen. In den vergangenen Jahren haben sich uns viele Genoss:innen angeschlossen. Mit über 1000 Mitgliedern bringen wir als Bewegungslinke viele Erfahrungen und Ideen mit, die helfen können, uns durch schwere Zeiten zu manövrieren. Natürlich müssen auch wir besser werden und weiter lernen, aus Erfolgen, aber vor allem auch aus Fehlern. Wir sind entschlossen, DIE LINKE zu einer organisierenden, verbindenden und politisch zuspitzenden Kraft zu machen. Das setzt voraus, die inneren Spaltungen zu überwinden. 

Sozial-ökologische Transformation statt marktorientierte Wende

Extreme Trockenheit, Überschwemmungen und Hitze sind die Vorboten der Klimakatastrophe. Statt erneuerbare Energien auszubauen und stärker zu fördern, setzt die Ampel-Koalition auf fossile Ressourcen durch den Import von Fracking-Gas, verlängert die Laufzeit der Atomenergie und schaut zu, wie der ÖPNV vor die Hunde geht. Statt den Nahverkehr auszubauen und das 9-Euro-Ticket wie zum Beispiel in Spanien durch eine Übergewinnsteuer weiterlaufen zu lassen, wird nun ein 49-Euro-Ticket eingeführt, das für die wenigsten eine bezahlbare Alternative darstellt. Die wenigen klimapolitischen Maßnahmen, die die Bundesregierung tätigt, werden nicht durch Vermögensabgaben oder Reichensteuern finanziert, sondern sollen von denjenigen bezahlt werden, die am wenigsten zur CO2-Belastung beitragen. Die Einmalzahlung zur Gasrechnung im Dezember spricht für sich: Die Reichen dürfen weitermachen wie bisher, obwohl das reichste 1 Prozent doppelt so viele Emissionen verursacht wie die ärmsten 50 Prozent der ganzen Weltbevölkerung. Der grüne Kapitalismus – die Mär davon, dass Markt, Wachstum, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz miteinander vereinbar seien – führt nicht nur zu mehr globaler Ungerechtigkeit, sondern spielt auch den Rechten und Klimaleugnern in die Hände. Die Klimakrise muss daher ein Schwerpunktthema für die LINKE sein. Für uns als Bewegungslinke ist dabei entscheidend, dass linke Antworten die Klassenfrage ins Zentrum stellen, ohne bei der Klimafrage Abstriche zu machen. In der kommenden Zeit sollten wir dafür kämpfen, den Energiesektor in öffentliches Eigentum zu überführen, ohne für die Altlasten von RWE und Co aufkommen zu müssen. Wir sollten für den Ausbau eines guten öffentlichen Nahverkehrs kämpfen, in dem wir die “9 Euro weiterfahren Kampagne” fortsetzen und diese sukzessive in Bündnisse zur Begleitung der kommenden Tarifauseinandersetzung im Nahverkehr überführen. Wird die Ampel die Atomkraft nicht nur verlängern, sondern wieder einführen, werden wir helfen, eine neue Anti-Atombewegung auf die Beine zu stellen. Wird die Ampel Fracking in Niedersachsen auf den Weg bringen, werden wir als LINKE mit zu den Protesten gehen. Werden die Beschäftigten in der von den industriellen Umbrüchen betroffenen Branchen nicht sozial abgesichert, werden wir an ihrer Seite dafür kämpfen. 

Der Krieg in der Ukraine – gemeinsam Auswege suchen

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat bereits zahlreiche Menschenleben gekostet. Für uns als internationale LINKE wirft der Krieg viele Fragen für die Zukunft auf, auf die wir Antworten finden müssen: Wie kann eine anti-imperialistische, öko-sozialistische Friedenspolitik auf der Höhe der Zeit aussehen, angesichts einer nicht vorhersehbaren Eskalationsdynamik, sich abzeichnender neuen Blockkonfrontation, verstärkter Konkurrenz um Energie auf dem Weltmarkt, Aufrüstung sowie dem Erstarken von Nationalismus und der transnationalen, neo-faschistischen Rechten?

Die Partei hat den russischen Angriffskrieg und den Versuch, Grenzen und Einflusssphären zu verschieben, klar verurteilt. Seit Jahren betreibt Putin eine expansive Politik, die darauf abzielt, Macht zu akkumulieren und den russischen Einflussbereich gegenüber der NATO zu erhalten und auf Kosten vormaliger GUS-Staaten zu vergrößern. Hierbei ist die Ukraine bereits seit den Maidan-Protesten und der Annexion der Krim 2014 auch Schauplatz geopolitischer Konflikte imperialistischer Mächte. Der jüngste Überfall Russlands hat über die Grenzen der Ukraine hinaus eine besorgniserregende Entwicklung verschärft, unter anderem durch neue Aufrüstungsprogramme in vielen europäischen Ländern. Für unser politisches Handeln ist es wichtig, den Charakter der Auseinandersetzung zu erfassen: Der imperialistische Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist sowohl ein Krieg zwischen beiden Ländern als auch ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Nato, der schon länger andauert. Die Ukraine wurde von Russland in einen alternativlosen Verteidigungs- und Unabhängigkeitskrieg gezwungen, der noch Jahre dauern kann. Für uns ist klar:  Angriffskriege erfordern internationale Solidarität mit den Überfallenen. DIE LINKE steht nicht auf der Seite der Herrschenden, weder im Lager Russlands oder der NATO. Wir kämpfen für eine Welt jenseits der Spaltung in imperialistische Lager, wir sind an der Seite derjenigen, die sich für Selbstbestimmung und demokratische Souveränität stark machen. Dabei ist es mit Blick auf die Ukraine wichtig, auch auf Probleme wie Oligarchenherrschaft und aggressiven Nationalismus hinzuweisen. Die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, mit den Menschen, die desertieren oder in Russland gegen den Krieg protestieren, sind für uns zentral. 

In Übereinstimmung mit dem Beschluss des BPT stellen wir uns gegen Rüstungsexporte und Waffenlieferungen und für die Ausschöpfung nicht-militärischer Möglichkeiten. Es braucht Verhandlungen und wirtschaftlichen wie diplomatischen Druck auf Russland. In diesem Sinne plädieren wir für eine Versachlichung der Debatte über Sanktionen. Wirtschaftssanktionen sind ein nicht-militärischer Weg Druck auszuüben, um Russland zu einem Truppenabzug und/oder Friedensverhandlungen zu bewegen. Gezielte Sanktionen schränken mittelfristig die finanziellen und wirtschaftlichen Kapazitäten Russlands ein, Krieg führen zu können. Dazu macht DIE LINKE Druck auf die Bundesregierung und die EU, um auch China und Indien für einen Frieden in der Ukraine zu gewinnen. Russland versucht seine wirtschaftlichen Verluste über neue Handelsabkommen mit Indien und China zu kompensieren. Für eine schnellstmögliche Verhandlungslösung braucht es daher auch diplomatischen Druck Chinas und Indiens auf Russland.

Die bloße Forderung nach Verhandlungen – ohne jegliche Druckmittel – würde uns als LINKE unglaubwürdig machen, und wäre de facto eine Entsolidarisierung mit den Menschen in der Ukraine. Gleichzeitig setzen wir uns für eine zielgerichtete Diskussion über Sanktionen ein. In Europa und dem Globalen Süden leiden viele Menschen unter den Folgen des Krieges und des Wirtschaftskriegs zwischen dem Westen und Russland. Deswegen wenden wir uns gegen Sanktionen auf Lebensmittel und lebenswichtige Güter wie zum Beispiel Energie – egal, ob sie vom Westen oder durch Blockaden Russlands ausgelöst werden. Wir wenden uns darüber hinaus gegen Maßnahmen, die den Austausch zwischen den Menschen in den Machtblöcken erschweren wie VISA-Restriktionen oder den Boykott von Kultur- und Austauschveranstaltungen. Dem aufkommenden Nationalismus gegenüber Ukrainer:innen und Russ:innen stellen wir uns entschieden entgegen.

Um den steigenden Energiepreisen entgegenzuwirken, fordern wir die Einführung einer Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne und Stromproduzenten, genauso wie die Stärkung der energiepolitischen Unabhängigkeit von Russland, Saudi-Arabien, Katar oder der USA. Eine einfache Rückkehr zur Abhängigkeit vom russischen Gas darf es nicht geben. Neue langfristige Abhängigkeiten vom Fracking-Gas in den USA sind in Zeiten des aufsteigenden Autoritarismus auch keine akzeptable Option.

Die LINKE muss als einzige Friedenspartei die Gefahr eines Atomkriegs klar benennen und sich gegen die gefährliche Eskalationsdynamik stellen, die wir derzeit erleben. Bemühungen für Verhandlungen mögen auf den ersten Blick aussichtslos wirken – Versuche, die Eskalation nicht weiter zu befeuern, sind trotzdem richtig. Ein zeitgemäßer Internationalismus von unten müsste den Ruf nach Friedensverhandlungen mit einer klaren Kritik des Putin-Regimes, der Forderung nach einer europäischen (und globalen) Energiewende, einer gerechten Finanzierung der Wiederaufbaukosten, Armutsbekämpfung und der Enteignung der Oligarchen (in Russland wie der Ukraine) verbinden. Derzeit müssen wir realistisch sehen, dass eine solche europäische Friedensbewegung nicht in Sicht ist. Umso wichtiger ist es, als LINKE den Dialog zu suchen und Vorschläge für gemeinsame Perspektiven zu entwickeln. Dazu gehört auch, konkreter darzulegen, wie wir eine internationale Friedens- und Sicherheitsordnung erreichen wollen, für die wir werben. Im Verlauf des Krieges wurden die Rufe von Liberalen und Konservativen im Land immer lauter, dass Deutschland nun auch eine militärische Führungsmacht werden solle. Das lehnen wir entschieden und auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ab. Wir kämpfen für Abrüstung statt Aufrüstung und wollen 100 Milliarden in unsere Zukunft, für die sozial-ökologische Transformation, investieren.

Genug ist genug – an der Seite der Klasse und nicht vergessen: Kein Fußbreit dem Faschismus

Wir befinden uns am Beginn einer tiefen Rezension. Im September dieses Jahres lag die Inflationsrate bei 10 Prozent. Der Verbraucherpreisindex für Energie bei 43,9 Prozent, für Nahrungsmittel bei 18,7 Prozent. Das bedeutet Verarmung für große Teile der Bevölkerung. Jeder Sechste in Deutschland verzichtet aktuell auf eine Mahlzeit am Tag, weil die Lebensmittel zu teuer geworden sind. Die steigenden Preise führen bei vielen Menschen zu Angst, Frust und punktuell auch zu Protest. Die hohen Preise treffen vor allem Lohnabhängige, Millionen Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, Student:innen und Rentner:innen. Kampagnen wie #ichbinarmutsbetroffen zeigen eindrucksvoll, wie in einem der reichsten Länder der Welt Menschen trotz Unterstützung hungern und frieren müssen. 

Gerade jetzt braucht es eine LINKE, die soziale Wut auf die Straße und auch in die Parlamente bringt. Die derzeitigen und kommenden Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektrobranche sowie im Öffentlichen Dienst sind und werden harte Auseinandersetzungen. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit wird es sein, die Tarifauseinandersetzungen zu unterstützen und sie im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Entlastungsbewegung mitaufzubauen. In diesem Sinne verstehen wir „Genug ist Genug“ als eine vielversprechende Bündnisformation, in welcher wir neben anderen als LINKE aktiv sind: organisatorisch wie inhaltlich. Denn Inflation heißt nicht nur steigende Preise, Inflation heißt auch Verteilungskampf von unten nach oben. Hohe Preise sind zugleich auch hohe Gewinne für viele Konzerne, die sich an der Not der Menschen bereichern. Unsere Aufgabe besteht darin, unsere Forderungen wie etwa die konsequente Besteuerung von Vermögen oder die Einführung einer Übergewinnsteuer zu popularisieren. 

Aber wir nehmen auch wahr, dass große Teile des Protests – insbesondere im Osten der Bundesrepublik – reaktionäre, nationalistische Antworten auf die Krise geben. So profitiert die AfD derzeit am meisten von den Entwicklungen. Der Aufbau starker, linker Sozialproteste ist daher auch notwendig gegen das Wiedererstarken der Rechten. Unsere Aufgabe muss dabei sein, deutlich zu machen, dass rechte Propaganda, Verschwörungstheorien oder Putin-Sympathien nichts auf unseren Kundgebungen und Protesten zu suchen haben. Die LINKE kann in der kommenden Zeit stärker werden, wenn sie es schafft, organischer Teil der Proteste zu werden und gleichzeitig überzeugende Antworten gibt, wie die Verarmung großer Teile der Bevölkerung verhindert werden kann: Kriegsprofiteure zur Kasse, Energieversorgung in öffentliche Hand, Fortsetzung des 9-Euro-Tickets, schnelle unkomplizierte Hilfen im Winter. Wir sind die einzige Partei, die schnelle und realisierbare Antworten auf die Krise hat, die zugleich sozial gerecht und ökologisch nachhaltig sind. Wir halten es für falsch, subtil Offenheit in das AfD-Wähler:innenlager auszustrahlen. Nicht die Grünen, sondern die AfD ist die gefährlichste Partei im Bundestag. 

Von passiven zu aktiven Mehrheiten 

Wenn wir als Partei in Zukunft eine Rolle spielen möchten, müssen wir unser Profil als linkssozialistische Kraft schärfen. Wir wollen eine Partei sein, die gesellschaftliche Opposition stärkt und den Widerstand organisiert, eine Partei, die den demokratischen Sozialismus anstrebt. Diese LINKE, an der wir seit 2012 arbeiten, verbindet unterschiedliche Klassenmilieus und ist daher schon immer herausgefordert, verschiedene Anliegen in einem politischen Projekt, der LINKEN, zu bündeln. Als Bewegungslinke wollen wir über die Formulierung der Wendepunkte zeigen, an welchen Kernfragen diese Anliegen und Interessen zusammenkommen, aber auch wo sie durchsetzbar sind. Unsere Wendepunkte formulieren legitime Erwartungen und Ansprüche auf ein glückliches und gesundes Leben, die mehrheitlich geteilt werden, hinter denen also mindestens passive Mehrheiten stehen. Unsere Aufgabe ist es, im Dialog und im Bündnis mit Bewegungen, Gewerkschaften, Basis-Initiativen und all jenen, die noch nicht organisiert sind, aktive Mehrheiten aufzubauen. So können wir als LINKE parlamentarisch und außerparlamentarisch ausstrahlen, dass es uns um eine echte Veränderung und Verbesserung im Hier und Jetzt, mit Perspektive einer sozialistischen Zukunft, geht: Mit einem echten Mietenstopp, einer konsequenten Verkehrswende, dem Verbot von Waffenexporten oder der Abschaffung der Fallpauschalen ließen sich Anliegen bündeln und eine relevante gesellschaftliche Kraft erschaffen.

In diesem Sinne muss die LINKE Widerstands- und Oppositionspartei sein, nicht allein, um Verschlechterungen zu verhindern, sondern auch, damit Lust und Energie für einen wirklichen politischen Aufbruch entstehen können. Dazu müssen wir auch deutlich machen, dass wir dieses Land rebellisch regieren wollen – im Konflikt mit den Herrschenden, im Bündnis mit allen, die auf ein besseres Leben hoffen und dafür kämpfen wollen. Die LINKE, die wir aufbauen wollen, diskutiert auf Augenhöhe mit den Leuten, nicht über sie – sie versucht jene zu organisieren und zu unterstützen, die das Leben jeden Tag besser machen: Betriebs- und Personalräte, Aktive in der Geflüchtetenarbeit, Aktive in Mieter:inneninitiativen oder Klimaaktivist:innen. Und sie wendet sich offen an die, die schwanken und nach Alternativen suchen. 

Mit denen, die die Partei aufbauen wollen

Der Weg der LINKEN war auch ein schwerer: Wir haben viel gestritten, sind aber auch immer wieder zusammengekommen. Heute ist nicht allen mehr an einem gemeinsamen, pluralen linken Projekt gelegen. Ein Teil der Partei geht seit 2016 einen eigenen Weg, gründete Konkurrenzprojekte wie Aufstehen, agiert seit Jahren gegen Programmatik und Parteitags- und -vorstandsbeschlüsse und kokettiert damit, eine neue Partei zu gründen. Lange Zeit wurde um Kompromisse und gegenseitige Absprachen gerungen, wie etwa gemeinsame Beschlüsse zur Migrationspolitik von Parteivorstand und Bundestagsfraktion belegen. Heute ist offensichtlich, dass die Gräben unüberwindbar sind. In allen gesellschaftlich kontrovers diskutierten Fragen seit 2016 hat es aus der LINKEN widersprüchliche Antworten gegeben, weshalb sie mittlerweile als völlig beliebig wahrgenommen wird und in alle Richtungen an Zustimmung verliert. Wer heute den Kritiker:innen von Wagenknecht Spaltung vorwirft, dem sei entgegnet: Wagenknecht und alle, die Programme und Beschlüsse der LINKEN ignorieren, betreiben die Spaltung der eigenen Mitgliedschaft und Anhänger:innen seit Jahren, indem sie bei den Themen Migration, Klima, Corona und dem Angriffskrieg Russlands nicht die Positionen der Partei nach außen vertreten, sondern mitunter das Gegenteil. Dass viele unserer früheren Wähler:innen uns nicht mehr wählen, ist selbstverständlich auch die Folge davon, dass prominent und wiederholt verkündet wurde, DIE LINKE vertrete die Interessen der Beschäftigten nicht mehr. Selbst wenn dies so wäre, was wir bestreiten, wäre es die Aufgabe der Parteimitglieder, sich für eine entsprechende Schärfung eines solchen Profils einzusetzen, statt öffentlich die eigene Partei zu diskreditieren und Teile ihrer Mitglied- und Anhängerschaft als Lifestyle-Linke zu beleidigen. 

Wir haben kein Verständnis mehr für solch parteischädigendes Verhalten und keine Angst vor einer Abspaltung von einem Teil der Bundestagsfraktion. Die Partei hat sich wiederholt und mit großen Mehrheiten für eine klassenorientierte, internationalistische, feministische, antifaschistische und ökologische Programmatik entschieden. An diejenigen, die als harter Kern nur noch gegen die Partei Politik machen wollen, werden wir uns nicht klammern. Wir kämpfen um jede:n enttäuschte:n Genoss:in, um mit uns in der Partei zu bleiben und werben dafür wieder in DIE LINKE einzutreten.

Das heißt auch: Wir unterscheiden zwischen denen, die sich längst gegen eine solche LINKE entschieden haben und über alternative Projekte nachdenken und denen, die anderer Meinung sind als wir, womöglich auch Anhänger:innen von Wagenknecht sind, aber nach wie vor Interesse daran haben, diese LINKE wieder auf die Beine zu bringen und gemeinsam mit uns dafür streiten wollen. Wir laden alle Genoss*innen ein – spektren- und strömungsübergreifend – mit uns den Weg eines solidarischeren Miteinanders und des Aufbruchs zu gehen. Wir sind überzeugt, dass es eine Partei links der Ampel braucht und vertrauen darauf, die Kraft aufbringen zu können, die LINKE wieder zu einer starken sozialistischen Partei aufzubauen.

Ko-Kreis der Bewegungslinken

November 2022

Das gesamte Papier als PDF.